Nein zur Abschaffung der Verrechnungssteuer

Die Befürworter:innen der Gesetzesänderung wollen die Verrechnungssteuer auf inländische Obligationen abschaffen. Dadurch werden rund 200 Grosskonzerne begünstigt, wenn sie Geld am Kapitalmarkt besorgen. Bisher hat die Verrechnungssteuer mittels Anreizsystem dabei geholfen, dass diese Grosskonzerne ihre Zinserträge und Vermögen in der Steuererklärung korrekt angeben – nun will man dieses bewährte System in Rente schicken. Das hat kostspielige Folgen für uns alle!

Gefangen im Strudel des internationaler Steuerwettbewerb

Die OECD­-Steuerreform kommt – und sie will die Steuern auf Unternehmensgewinne auf den neuen internationalen Mindeststeuersatz von 15 % anheben. Nun sind einige Finanzpolitiker:innen scheinbar etwas tief in den Strudel der Suche nach immer neuen Steuervorteilen geraten: Statt den wichtigen Schritt der OECD zu respektieren und endlich anzuerkennen, dass die schier unglaublich grossen Herausforderungen unserer Zeit nur mit den nötigen Steuereinnahmen angegangen werden können, wird der internationale Steuerwettbewerb erneut angeheizt und auf Nebenschauplätze (Stempelsteuer, Verrechnungssteuer etc.) verschoben. Dabei merken die selbsternannten Steuerexpert:innen oftmals nicht, in welche Gewässer sie sich verirren.

Sinn und Zweck der Verrechnungssteuer ist es, der Steuerkriminalität entgegenzuwirken. Mit der Abschaffung dieser «Sicherungssteuer» droht eine Zunahme der Steuerhinterziehung und ein Rückfall in die Zeiten der Schwarzgeldpolitik, in welcher die Schweiz um unversteuertes Vermögen aus aller Welt warb. Dabei hat die Schweiz dies gar nicht nötig, denn im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Schweiz bereits über äusserst gute Rahmenbedingungen für Finanzinstitute wie Banken und (Rück­)Versicherungen verfügt. Ebenso werden die bereits vorhandenen Standortvorteile wie etwa die hohe politische und gesellschaftliche Stabilität sowie das vergleichsweise sehr gute Rechtssystem ausser Acht gelassen.

Wer profitiert – wer verliert

Im Falle einer Annahme der Vorlage profitieren rund 200 Konzerne. Denn aktuell existieren gerade mal 200 Konzerne, welche ausreichend hohe Emissionen tätigen und deshalb Obligationen emittieren. Für die restlichen 99.97 % der Schweizer Unternehmen, einschliesslich aller KMU, ist die Finanzierung via Obligationen hingegen irrelevant. Denn für jene 38 % der KMU, die auf Fremdfinanzierungsformen zurückgreifen, sind Kredite, Darlehen und Hypotheken relevant.

Folglich bringt eine Abschaffung der Verrechnungssteuer auf Obligationen den KMU, dem Schweizer Gewerbe und dem Mittelstand nichts. Vielmehr geht der Bund bei einem normalisierten Zinsniveau von 3-4 % von wiederkehrenden Ausfällen von 600 bis 800 Millionen Schweizerfranken jährlich aus – Steuerausfälle durch Steuerhinterziehung noch nicht mal berücksichtigt. Der Grund für diese Steuerausfälle ist die sogenannte «Rückerstattungslücke»: Diese entsteht, wenn Anleger:innen die Verrechnungssteuer nicht wieder vom Staat zurückfordern oder nicht wieder vollständig einfordern dürfen.

Dieses Geld wird dringend benötigt, um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Zudem sollten die Steuerausfälle nicht durch uns ehrliche Steuerzahler:innen kompensiert werden müssen. Schliesslich sind kaufkräftige private Haushalte ein eminenter Pfeiler für unserer Volkswirtschaft. Schliesslich gilt: wenn der Konsum sinkt, wird die aktuelle Inflation weiter angeheizt. Deshalb werde ich am 25. September ein überzeugtes NEIN zu dieser Vorlage einwerfen.

Christine Badertscher